Eine Tradition endet nach 40 Jahren: Der VGB Insieme Rorschach muss den Martini-Markt aufgeben
Rita Bolt
"Es schmerzt sehr", sagt Renate Rovedo. Sie ist die Kontaktperson und treibende Kraft im VGB Insieme Rorschach, dem Verein zugunsten von Menschen mit Beeinträchtigungen. Der Entscheid, den jährlich im November stattfindenden Martini-Markt zu beerdigen, sei kein leichter gewesen. " Trotz zahlreicher Anstrengungen ist es uns nicht mehr gelungen, genügend Helferinnen und Helfer für die Durchführung dieses grossen Anlasses zu finden." Etwa 100 Helferinnen und Helfer hätten sie benötigt, um die 30 meldeten sich. "Es wäre unmöglich, mit diesen wenigen Leuten einen Markt durchzuführen."
Der Martini-Markt war über mehr als drei Jahrzehnte nicht nur ein publikumsintensiver Markt, sondern auch die Haupteinnahmequelle des Vereins. Chilbi, Verpflegung, Bastelsachen und die traditionelle Versteigerung einer Gans, waren das Markenzeichen des Marktes auf dem Marktplatz. " In den vergangenen Jahren hat das Interesse allerdings nachgelassen ", sagt Renate Rovedo. Aber eine Absage sei jeweils nicht zur Diskussion gestanden. Warum die Helferinnen und Helfer dieses Jahr ausgeblieben sind, kann der Vorstand nur vermuten. Sie seien nicht die einzigen, die auf freiwillige Helfenden angewiesen seien. Es sei der Zeitgeist, es gebe immer weniger Menschen, die eine feste Verpflichtung eingehen möchten. " Wir nehmen das nicht persönlich."
Der verein hat weitere Sorgen
Den VGB Insieme Rorschach plagen aber noch weiter Sorgen, die ihm zusetzen und an die Existenz gehen könnten. Der Verein bietet ein vielfältiges Kursprogramm an, für Menschen mit einer Beeinträchtigung . Bestandteil sind Schwimm- und Turnkurse. Auf nächstes Frühjahr werden drei Schwimm- und ein Turntrainer aufhören. Bis jetzt seien keine Nachfolgerinnen oder Nachfolger in Sicht. Renate Rovedo erklärt: " Kursleitende sind bei uns keine Freiwilligen. Sie werden von uns bezahlt." Trotzdem sei die Suche bis jetzt erfolglos verlaufen.
Der Verein gebe nicht auf, müsse aber eine Lösung finden. Wenn nicht, müssten die Schwimm- und Turnkurse- wie der Martini- Markt aufgegeben werden. Schwimmen und Turnen und ganz allgemein Bewegung seien für Menschen mit Beeinträchtigungen Lebensqualität. Renate Rovedo erzählt, dass die Schwimmer und Fußballerinnen an den National Summer Games im Juni in St.Gallen Teilgenommen haben. Die Begeisterung der Teilnehmenden sei sehr gross gewesen." Ein einmaliges Erlebnis." Geplant sei noch ein Schlussevent am 21. September.
Für das Chor-Singen konnte glücklicherweise nach längerem Hin und Her nach einem Abgang eine Lösung gefunden werden. Weiter Kündigungen seien derzeit nicht bekannt. Auch nächstes Jahr sollen also Volkstanz, Tanzen, Musik, Basteln, Kochen, Fussball und eben Schwimmen und Turnen wieder im Kursprogramm aufgenommen werden können.
Carl-Stürm-Stiftung hilft mit 5000 Franken
Aus welchen Einnahmen werden nun die Kursleiter bezahlt, wenn der Martini-Markt wegfällt?
Renate Rovedo erklärt, dass sie von der Carl-Stürm-Stiftung 5000 Franken erhalten haben.
" Das freut uns sehr. Wir haben nicht damit gerechnet." Damit könne im Moment noch überbrückt werden.
Zudem möchte der Verein versuchen, an verschiedenen Märkten präsent zu sein und Selbst hergestelltes verkaufen. Sie fertigt beispielsweise aus Schwemmholz Figuren an, die sich gut verkaufen lassen. Der Verein hat am Wochenende an der "Zwetschenchilbi Altenrhein" teilgenommen. Rovedos wohnen in Altenrhein. Ebenfalls werde der Verein sich am Weihnachtsmarkt der HPV Rorschach präsentieren. Weiter Möglichkeiten würden geprüft. Der VGB Insieme Rorschach ist im Dachverband Insieme Schweiz und PluSport angeschlossen. Im Verein eingeschrieben sind zwischen 60 und 80 Menschen mit einer Beeinträchtigung. Es seien vorwiegend Erwachsene. Viele von ihnen arbeiten in Werkstätten in der HPV Rorschach. "Die HPV beschäftigt die Menschen, unser Verein bietet Kurse in der Freizeit an", sagt Renate Rovedo. Sie weiss aus Erfahrung, wie wichtig Freizeitbeschäftigungen für beeinträchtigte Menschen sind. Ihr Bruder ist geistig beeinträchtigt und wohnt in einer Aussengruppe der HPV.
Für den vorstand werden dringend Leute gesucht
Sie versuche alles, um den Verein am Leben zu erhalten, sagt Rovedo. "Es sieht aber nicht gut aus." Denn es fehlen auch Leute im Vorstand. Rovedo für den Verein zusammen mit Kassierin Monika Eschenmoser. Zwei weiter Vorstandsmitglieder unterstützen sie.
Sie wisse nicht, wie lange sie die Vereinsführung noch machen könne. Es sei ein in etwa 30% Job. Und sie sei in einem Alter, wo man nie wisse, wie lange man es noch machen könne. Gefragt seien junge Leute, die sich für Menschen mit Beeinträchtigungen engagieren möchten.
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